Hermine

 

 

 

30. Oktober 2024

Ein wahrhaft abenteuerlicher Vormittag im Krankenhaus

 

Wie alles begann

An einem milden Frühlingsabend spaziere ich mit meinem Hund Struppi, einem reinrassigen Delarue-Mädchen, durch meine fragwürdige Nachbarschaft. Während Struppi noch nach der absolut perfekten Stelle zum Kacken sucht, kratze ich mich am Bauch und zack ist sie da.
Zu diesem Zeitpunkt weiß ich natürlich noch nicht mit wem oder was ich es zu tun habe, geschweige denn, dass sie einen Namen hat: Hermine.

Zunächst stelle ich einen Knubbel etwas oberhalb und etwas rechts von meinem Bauchnabel fest. Etwa so groß wie das obere Drittel einer auf der Seite liegenden Pflaume (sorry, was besseres fällt mir gerade nicht ein). Das Ding ist weich, lässt sich eindrücken und schmerzt null. Hm… seltsam ist es schon.
Struppi hat währenddessen einen, für ihre Größe, prächtigen Haufen produziert, sitzt neben mir und guckt mich an als wolle sie fragen: „Ey Digga, was fummelste da unter deinem Hemd? Können wir jetzt mal zurück auf die Couch oder was?“ 

Es folgt eine wochenlange Odyssee zu verschiedensten Ärzten, die verschiedenste Untersuchungen durchführen und verschiedenste Diagnosen stellen. Der letzte empfiehlt mir eine OP im Mutterhaus, da es sich um eine Hernie handele. Eine was? Hab ich noch nie gehört. Damit ich mir das besser merken kann, nenne ich mein Exemplar „Hermine“.
Der Arzt macht auch gleich einen Termin für mich im Mutterhaus aus. Mein Hausarzt müsse mir nur noch eine Einweisung ins Krankenhaus schreiben.
„Ein- oder Überweisung“, frage ich nach. Eine EINweisung. Auch wenn es so klinge, würde ich nicht sofort dabehalten, sondern solle erstmal ein Vorgespräch inclusive entsprechender Untersuchungen führen. Dann würde dort entschieden ob und wann ich operiert werde.

Was bitte ist eine Hernie?

Auszug aus dem Wikipedia Artikel:

Eine Hernie (Aussprache: [ˈhɛʁni̯ə]; von lateinisch hernia, ‚Bruch‘, von griechisch ἔρνος érnos „Knospe, Spross“), deutsch Bruch, ist der Austritt („Durchbruch“, „Durchbrechen“) von Eingeweiden aus der Bauchhöhle (Eingeweidebruch, Bauchbruch, Bauchwandbruch, Hernia ventralis, älter auch Leibbruch) durch eine angeborene oder erworbene Lücke (genannt Bruchpforte) in den tragenden oder begrenzenden Gewebeschichten.

Mein Hausarzt weigert sich aber strikt ‚dieses Spiel mitzuspielen‘! Hä? Das sei doch nur Geldmacherei, Beschiss usw. Ohne wirklich zu verstehen wo das Problem liegt werde ich hinauskomplimentiert – ohne Einweisung.
An der Anmeldung treffe ich auf seine Frau (auch Ärztin). Sie hatte mir vor ein paar Jahren geraten, mich mit meinen 40 Grad Fieber ins Bett zu legen und die Erkältung einfach mal auszuhalten. Dass ich mir einen Hanta-Virus eingefangen hatte, meine Nieren daraufhin komplett ihren Dienst einstellten und das Alles nicht ganz ungefährlich war, stellte sich erst kurz später raus. Kurzum: sie war mir einen Gefallen schuldig und stellte mir die beschissene EINweisung aus. Geht doch!

 

In den Eingeweiden des Mutterhauses der Borromäerinnen

7.40 Uhr: zum Glück bin ich viel zu früh an. Dank der katastrophalen Parksituation an und um dieses Krankenhauses bekomme ich so wenigstens noch den letzten Parkplatz auf dem Parkdeck. Es ist noch stockdunkel und es regnet. Ich stelle meine Auto ab und begebe mich Richtung Haupteingang.

7.45 Uhr ich betrete die heiligen Hallen und wende mich nach links um an der Information zu erfragen wo ich hin muss. Am Telefon hatte man mir nur gesagt, ich solle mich am „Empfang“ melden. Was soll wohl der „Empfang“ sein, wenn nicht die Theke über der in großen Lettern INFORMATION zu lesen steht? Wie sich herausstellen sollte, sind beide Begriffe der reinste Hohn – ich werde weder empfangen, noch erhalte ich eine vernünftige Information:

Noch gut gelaunt und voller Erwartung, dass sich nun endlich etwas tun wird, sage ich laut und deutlich „Guten Morgen!“. Der Empfänger oder Informant hinter der Theke kramt in einer Kiste und zeigt keinerlei Reaktion. Eine halbe Minute später versuche ich es erneut: „Entschuldigung? Guten Morgen! Könnten Sie mir bitte helfen?“ Mit einem solch infamen Ansinnen wurde der ältere Herr offenbar in diesem Moment zum ersten mal konfrontiert. „Was?“, fragt er mich mittelmäßig freundlich. „Mein Name ist Lehnert. Ich habe um 8.30 Uhr einen Termin in der Chirurgie. Es geht um ein Vorgespräch bzgl. einer Operation. Wo muss ich denn da hin?“. Ich blicke in leere Augen und erhalte als Gegenfrage „Woher soll ich das wissen?“. „Äh, naja… Ich dachte, da über Ihrem Schalter ‚Information‘ steht, sei ich hier richtig?!“. „Wo wollen Sie hin?“. „In die Chirurgie“, wiederhole ich. „Wir haben hier drei Chirurgien! Sind Sie ein Notfall oder was?“. Puh, sehe ich so scheiße aus? „Nein“, sage ich, „ich soll, wie schon gesagt, zu einen Vorgespräch bzgl. einer Operation“. „Zu wem wollen Sie ?“ bellt er – jetzt eindeutig unfreundlich. „Ein konkreter Name wurde mir nicht genannt, nur, dass ich mich in der Chirurgie einfinden soll.“ „Davon haben wir hier drei!“ kontert er. Das ist das erste Mal an diesem Tag, dass ich mich verstohlen nach einer versteckten Kamera umsehe. Da ich keine entdecken kann sage ich „Hm. So kommen wir ja nicht wirklich weiter. Können Sie mir denn bitte sagen, wie ich zur einer der drei Chirurgien komme. Ich frage mich dann da weiter durch.“ Statt einer Antwort erhalte ich einen Fingerzeig auf einen sehr jungen Mann in orangener Warnweste. „Fragen sie den da!“. Ich bin so verdutzt, dass ich vergesse mich für die freundlich Auskunft zu bedanken und gehe zu dem jungen Mann.

Der nette Infomann

Er kontrolliert die Impfnachweise bzw. Coronatests der Menschen, die Einlass ins weitere Innere der Institution begehren. Als ich an der Reihe bin, trage ich auch ihm mein Anliegen vor. „Hm, Chirurgie, ja?! Also davon haben wir hier drei“. Er ist sehr freundlich, aber eine wirklich neue Information ist das ja nicht. Er erklärt mir dann, dass die eine Chirurgie direkt rechts von mir liegt, eine weitere geradeaus, am Kiosk vorbei und dann links und noch eine weitere ganz hinten gerade aus. Oder ob ich gar ein Notfall sei? Ich schüttele den Kopf, bedanke mich und beschließe meine Suche einfach in der Chirurgie die mir am nächsten liegt fortzusetzen.

Sofort entdecke ich eine Tür mit der Aufschrift ‚Anmeldung’. Bingo! Das muss es sein!
2 (!) sehr nette Damen sitzen hinter einem Tresen und schauen mich freundlich und einladend an. „Wie können wir ihnen helfen?“ Wow! so geht es also auch?!
Erneut trage ich mein Anliegen vor: Lehnert, Chirurgie, Vorbesprechung zur OP usw. Wenn ich ja nur geahnt hätte was mich an diesem Morgen erwartet hätte ich ein Handout oder eine kleine Power-Point-Präsentation vorbereitet. Aber mittlerweile kann ich meinen Text auch so sehr flüssig, kurz, bündig und natürlich freundlich aufsagen.
Die Damen überlegen, tippen, suchen und schütteln dann die dauergewellten Köpfe. Nein, hier sei ich leider (!) falsch. Ich müsse „am Kiosk vorbei und dann links“. Das scheint eine Standardformulierung zu sein die in diesem Haus sehr gebräuchlich ist. Mich bedankend und beschwingt durch diese unerwartete Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, mache ich mich auf den Weg Richtung Kiosk, lasse diesen rechts liegen und biege dann bei der ersten Möglichkeit links ab – wie mir geheißen. Ich blicke in einen sehr langen und breiten Flur von dem sowohl rechts als auch links weitere Flure abzweigen. Mir kommt Harry Potter in den Sinn, der sich wohl so ähnlich bei seinem ersten Besuch in Hogwarts gefühlt haben muss. Da die beiden freundlichen Damen mir noch mit auf den Weg gaben mich nach dem Abbiegen weiterhin links zu halten, biege ich in den ersten Flur der vom Flur abzweigt ab.

Spätestens jetzt wünsche ich mir eine Karte zur Orientierung. Wie in diesen Ego-Shooter-Spielen. Auch bei denen habe ich nach 3 Millisekunden die Orientierung verloren und kann mich nur mit Hilfe der Karte, auf der ein Roter Punkt anzeigt wo ich mich gerade befinde, zurechtfinden – halbwegs. Oder die „Karte des Rumtreibers“ müsste man in Händen halten. Anscheinend bin ich ein größerer Potter-Fan als mir selbst klar war.

An einer der vielen geschlossenen Türen lese ich etwas von Gynäkologie. Auch wenn ich rein optisch hier sicher gut aufgehoben wäre, fühle ich mich dennoch dem falschen biologischen Geschlecht zugehörig um hier weitere Nachforschungen anzustellen. Ich führe eine 180°-Wende durch, lege weitere Meter auf dem „Hauptflur“ zurück und nehme die nächste Ausfahrt nach links. Wieder ein langer Gang, wieder viele verschlossene Türen. Aber auch Menschen. Wartende Menschen die aufgereiht an einer Wand auf Stühlen sitzen. Etwas zögernd nähere ich mich. Mein Gruß wird nicht erwidert. Warum gucken die alle so böse? Habe ich mit meinem bloßen Erscheinen schon einen Fehler begangen? Naja, es ist noch früh am Morgen und manche Menschen sind um diese Uhrzeit noch nicht zu Freundlichkeiten aufgelegt.
Als ich nach rechts blicke sehe ich, dass die Front aus Türen hier unterbrochen ist und Platz für einen großzügigen, offenen Raum macht. Und das Allerbeste: das Schild „Anmeldung“. Herrlich! Was lange währt wird endlich gut – ich bin am Ziel!

 

Der Drache

„Guten Morgen!“ sagen ich zu der Dame hinter dem Tresen. So wäre es in einem anderen Universum gewesen. In diesem hier komme ich nur bis „Guten Mo…“ als ich angeblafft werde: „Setzen! Sie werden aufgerufen wenn Sie an der Reihe sind!“. Mein kleines, verschrumpeltes Hirn stellt sich die Frage, ob man sich eben genau dazu nicht erst anmelden muss. Da die Information der Dame hinter dem Tresen aber mehr als eindeutig und resolut war, wird diese Frage nicht an das Sprachzentrum weitergeleitet. Schweigend setze ich mich auf einen der freien Stühle. Zumindest ahne ich jetzt warum hier alle gucken, wie sie gucken.

der Drache

10 Minuten lang geschieht nichts. Niemand kommt, niemand geht, niemand spricht. Dann bricht plötzlich eine sehr laute Schimpftirade über einen nicht funktionierenden Bändchen-Drucker und die Unfähigkeit dieser scheiß EDV-Abteilung los. Da ich den Anmeldebereich von meinem Platz aus nicht einsehen kann, gehe ich davon aus, dass die Dame deren Arbeitsplatz sich dort befindet, telefoniert. Weit gefehlt wie sich später herausstellt. Sie brüllt einfach irgendwas an. Den Bändchen-Drucker wahrscheinlich. Nach ein bis zwei Minuten hat sie sich wieder beruhigt. Heute wird es keine Bändchen für Patienten geben. Aber dafür kann sie nun wirklich nichts! Und es ist ihr auch scheiß egal, wie sie betont.

Es herrscht wieder Stille.

Mittlerweile ist es 8.17 Uhr und ich werde langsam etwas nervös, denn um 8.30 Uhr habe ich meinen Termin. Die Dame hatte mich am Telefon mehrfach darauf hingewiesen, dass unbedingte Pünktlichkeit erforderlich sei. Während sich meine Nervosität von Minute zu Minute steigert, beobachte ich, wie eine ältere Dame vorsichtig den Gang entlang kommt, sich nach Rechts wendet, das Schild „Anmeldung“ erblickt und ihre Stimme zu einem zarten Gruß erhebt. „Neeeeeeiiiiiiiin!“ denke ich. Zu spät! Auch sie wird verbal zusammengefaltet und findet letztlich ihren Platz auf dem freien Stuhl neben mir. 

 

Hans-Dieter

Kurz darauf schallt ein „der Nächste!“ durch den Gang. Niemand rührt sich. Sind die hier schon alle angemeldet? Warten die gar nicht auf die Anmeldung? Sollte ich etwa der nächste sein? Ein erneutes „DER NÄCHSTE!!“. Ich nehme all meinen Mut zusammen, stehe auf, gehe Richtung Anmeldung – und werde jäh von einem Herrn mit Elbsegler-Mütze gestoppt. Dieser springt (für sein Alter sehr behände) von seinem Stuhl auf und schleudert mir einen Satz entgegen, den ich lange nicht gehört habe: „Hier geht es nach der Reihenfolge, nicht nach Schönheit, junger Mann!“

Hans-Dieter (privatversichert)

Schönheit? Junger Mann? Er kann ja mich nicht meinen, denke ich und ob seiner Unfreundlichkeit habe ich den Impuls, ihn mit einem Finger wieder auf seinen scheiß Stuhl zurück zu setzen (denn das könnte ich locker). Allmählich ist mein Reservoir an guter Morgenlaune entleert und ich werde leicht bis mittelmäßig angepisst. Statt meinem Impuls nachzugeben sage ich „Dann steh halt auf wenn Du an der Reihe bist Opa! Wie soll man hier in dem Puff wissen wer der nächste ist?“

Da einige Wartende lachen und/oder zustimmend nicken, komme ich nicht auf die Idee, meine rüden Worte zu hinterfragen. Es breitet sich allgemeines Gemurmel und Getuschel aus. Wortfetzen wie „unmögliche Organisation“, „warte seit einer Stunde“ und „sollte sich beschweren“ dringen an mein Ohr. Genervt köchele ich auf meinen Stuhl vor mich hin und lausche der Lebensgeschichte von Hans-Dieter (so heißt der Honk mit dem Elbsegler wirklich). Er war sein ganzes Leben lang Beamter, ist privat versichert. Das betont er immer und immer wieder. Aber auch wenn er sicher schon als Baby verbeamtet wurde, beschleunigt das seinen Anmeldevorgang in keiner Weise. Nach dem alle seine Daten, gut hörbar für alle Anwesenden (DSGVO lässt grüßen), erfasst und eingetragen sind, folgt eine weitere Schimpftirade über den Bändchen-Drucker seitens der Anmelde-Frau. Sie hat es also doch nochmal versucht, obwohl es ja, wie sie uns alle wissen ließ, heute keine Bändchen gibt und ihr das auch scheiß egal ist. 

 

Auge in Auge mit dem Drachen

Nach 10 Minuten ist Hans-Dieter versorgt (wenn auch ohne Bändchen, trotz Beamten-Status) und der Nächste wird, in nun schon gewohnter Weise, aufgefordert näher zu treten. Ich wage einen zweiten Anlauf, frage laut und deutlich ob ich der nächste sei, ernte quittierendes Nicken und trete dem Drachen von Angesicht zu Angesicht entgegen.

„Ja?“ bellt sie unfreundlich hinter ihrer Coronaschutz-Plexiglasscheibe hervor. In nunmehr neutralem, also nicht mehr besonders freundlichem Ton trage ich mein Anliegen vor: Vorgespräch zu Operation etc. Ungeduldig fordert sie meine Versichertenkarte und die „Einweisung“ meines Arztes (die ja von der Frau meines Arztes ausgestellt wurde, da mein Hausarzt sich ja weigert so etwas zu tun – wir erinnern uns). Ich fummle alles durch den Schlitz in der Scheibe und warte. Und warte. Und warte. Nach ca. fünfminütigem Hacken auf der Tatstatur schnellt sie von ihrem Stuhl hoch, schießt hinter ihrem Tresen hervor, an mir vorbei auf eine Reihe Drucker zu, die sich hinter mir befindet. Oh Gott, denke ich, jetzt kommt wieder die Nummer mit dem Bändchen-Drucker… Aber nein, nach dem gescheiterten Hans-Dieter-Versuch lässt sie es jetzt wohl ganz sein. Stattdessen bekomme ich einen beachtlichen Papierstapel in die Hand gedrückt. Meine Frage, was das denn alles sei, verhallt unbeantwortet in den endlosen Fluren des Klinikums der Borromäerinnen. Sie hat wieder auf ihrem Stuhl Platz genommen und schiebt mir mehrere Formulare durch den Schlitz. „Unterschreiben Sie hier, hier und hier!“.
Aufgrund ihrer Art und der nun doch schon sehr fortgeschrittenen Zeit, verzichte ich, ganz gegen meine Gewohnheit, darauf, zu lesen was ich unterschreibe. Allerdings wird meine spontane Unterschreibungsfreudigkeit dadurch jäh gebremst, dass ich keinen Stift zur Verfügung habe. Im Geiste mache ich mir eine Notiz: unbedingt einen Stift in das Krankenhaus-EDC-Pack tun, denn ein solches werde ich beim nächsten Mal ganz sicher dabei haben! (Definition EDC: Everyday carry bezeichnet beständig mitgeführte Gegenstände, die bei der Bewältigung von alltäglichen bis hin zu gefährlichen Situationen nützlich sind. Quelle: Wikipedia). Neben einem Stift werden dort sicher auch Benzodiazepine, Signal- und Großkaliberwaffen, Nahrung, Wasser, GPS-Gerät und so manch weiteres nützliche Ding zu finden sein.
In Ermangelung eines EDC muss ich den Drachen also um ein Schreibutensil bitten.  Das genervte Stöhnen kommt einer Orkanböe auf der Zugspitze gleich. Dennoch folgt den Formularen ein Kugelschreiber durch den Schlitz und ich unterschreibe brav das mir Dargereichte. Punkt. Das wars. Stille.

Stumm aber demonstrativ blicke ich auf meine Uhr: 8.36 Uhr. Keine Reaktion. Das Monster blickt mich stumm an. Das gibts doch nicht! Auch ihr muss diese Situation doch unangenehm sein. Wenn ich nicht schon zu spät an gewesen wäre, hätte ich das Spiel „wer zuerst wegguckt hat verloren“ jetzt mit ihr gespielt. So aber frage ich: „und jetzt?“. „Na jetzt können sie gehen!“. „Äh ja, vielen Dank, aber wohin? Soll ich mich wieder in den Wartebereich setzen?“. Sie rollt mit den Augen als hätte ich eine absolute  Selbstverständlichkeit (wie z.B. „ist das hier ein Scheißladen?“) gefragt und sagt dann: „Nein. Natürlich nicht! Den Gang runter und dann links bis ganz hinten durch. Da melden Sie sich dann an!“. Anmelden? Habe ich das denn nicht soeben getan? Nein, habe ich nicht, wie sich bald herausstellen soll. Ich zitiere meinen Vater „Ei tschöö dann!“ und gehe.

 

Gefangen in einer Verschiebung des Raum-Zeit-Kontinuums

Während ich den Gang entlang hetze muss ich an die guten, alten Schulzeiten denken. Als wir noch eine Rollenspiel-AG hatten. D&D, AD&D und solche Sachen gespielt haben. In einem extra dafür zur Verfügung gestellten Raum. Mit Jürgen als Spielleiter der sich immer neue Abenteuer und somit immer neue Karten von Landschaften und Verliesen ausdachte. Herrliche Zeiten waren das. Hier in diesem Verlies hingegen fühle ich mich vollkommen verlassen. Nomen est omen!

Schließlich lange ich aber am Ende des Flures an und erblicke einen weiteren Anmelde Tresen. Der große bahnhofsuhrenänliche Zeitmesser zeigt 8.40 Uhr an. Etwas außer Puste pfeife ich meinen Namen unter meiner FFP2-Maske hervor. Die etwas freundlichere Dame schaut auf ihren Bildschirm und dann mich sehr streng an: „Da sind wir wohl ein bisschen zu spät, wie?“ Ich brauche einige Millisekunden um den richtigen Tonfall und die richtige Wortwahl zu finden, damit ich sie nicht anschreie, dass ich nichts für ihren unorganisierten und chaotischen Puff könne und sehr wohl pünktlich, ja sogar überpünktlich vor Ort gewesen sei. Diese Zeitspanne nutzt sie um hinzuzufügen: „einen ganze Tag zu spät!“. Ok, jetzt brauche ich gleich mehrere Sekunden um meine Verblüffung nieder zu ringen und meine Gedanken zu ordnen. Die Email! Ich habe doch die Email der Dame, die mich zu diesem Termin eingeladen hat dabei. Ha! Und da steht das heutige Datum drauf! Jetzt zeig’ ich’s Dir! Von wegen einen Tag zu spät! All das denke ich nur, denn zum sprechen komme ich nicht, da sie hinterher schiebt: „Sie haben für gestern auf dem OP-Plan gestanden!“. „Moooooooment!“ sage ich, „Auf welchem OP-Plan? Ich bin hier um ein Vorgespräch für eine Operation zu führen?!“. Jetzt ist sie die Verdutzte. „Ach so? Hm, dann ist das sicher ein Fehler in der EDV. Das kommt hier ständig vor!“

Der Entschluss, mich hier nicht operieren zu lassen, ist damit gefallen. Eigentlich kann ich jetzt auch nach Hause gehen. Wozu noch ein Vorgespräch, wenn ich mich hier ganz sicher sowieso nicht operieren lasse – wenn die mit mir fertig sind, habe ich drei Arme (was das kleinere Übel wäre (entsprechende Oberbekleidung müsste natürlich extra angefertigt werden)) oder nur noch ein Bein oder sowas. Ne, ne nicht mit dem Commander (für alle Superstau-Fans). Ich überlege also ernsthaft ob ich nicht einfach gehen soll und meinen Vormittag mit etwas sinnstiftenderem verbringen soll. Vielleicht ist ja irgendwo noch spontan ein Termin zur Darmspiegelung oder zum Ziehen aller Fußnägel frei, denke ich. Alles besser als diese groteske Scheiße hier. Aber irgendwie merke ich, dass die Nummer hier noch nicht ganz zu Ende ist. Das es da später noch was zu erzählen gibt. All das denke ich, während die Tresentante weiter ihren Computer checkt. Schließlich sagt sie vollkommen gönnerhaft: „Ist ja nicht so schlimm, Herr Lehnert. Ich bringe sie schon noch irgendwo im Laufe des Tages unter!“. Alles, dass sie mir nicht noch ein Auge knipst!
Bitte? Im Laufe des Tages? Ich werde ganz sicher nicht den ganzen Tag in diese Institution rumhängen um auf einen nun völlig sinnbefreiten Termin zu warten! Aber die Dame macht mir mit mütterlicher Stimme einen Vorschlag: „Sie gehen jetzt einfach wieder auf ihr Zimmer und ich gebe ihnen dann Bescheid wenn es soweit ist!“
So, jetzt ist es um meine Contenance geschehen! Ich fange wirklich lauthals (und vielleicht ein klitzekleines bisschen hysterisch) an zu lachen. So lange und so laut lache ich, dass auch die Dame hinter dem Tresen lachen muss. Sie weiß zwar nicht warum, aber Lachen kann ja sehr ansteckend sein. „Auf was für ein Zimmer denn? Ich bin zu einem VORgespräch hier. VORgespräch! Ich werde heute nicht operiert. Auch nicht gestern oder morgen.“

Die Dame zeigt deutliche Stand-Up-Qualitäten was ihr Timing anbelangt, denn sie hört ganz plötzlich mit dem Lachen auf, nennt mir meine Zimmernummer und schiebt hinterher: „Sie wurden heute um 8.32 Uhr stationär aufgenommen!“
Das ist zwar ihr völliger Ernst, aber anscheinend hat auch sie jetzt verstanden wie vollkommen absurd das alles ist, denn auch sie fängt wieder an zu lachen. Ich bin so in meinem Lachflash gefangen, dass mir jegliche Verblüffung abgeht. Der Drache! Dieses fiese, Bändchen-Drucker verfluchende Monster hat mich stationär aufgenommen! Ich fasse es nicht.

„Ja“ sag ich, „dann geh ich mal frühstücken und hau mich noch ne Stunde aufs Ohr bevor ich heim gehe!“. „Ne, ne“ erwidert sie, „ich denke ich weiß jetzt wo sie hin müssen! Zeigen sie mir nochmal ihre Unterlagen.“ Immer noch lachend übergebe ich ihr den dicken Stapel Papier den ich ja mittlerweile mit mir rumschleppe. Sie studiert die Unterlagen aufmerksam, überlegt und gibt mir dann eine Wegbeschreibung durch den Moloch. Ich folge akribisch ihren Anweisungen und passiere auf meiner morgendlichen Wanderung die Drachenhöhle (in gebührendem Abstand, denn ich habe keine Zeit hier den Georg zu geben), die Gynäkologie, die Kiosk – Moooooment! Das kommt mir hier doch alles sehr bekannt vor? Es ist nicht zu glauben, aber nach über einer Stunde Abenteuerurlaub im Phantasialand der Borromäerinnen stehe ich wieder vor der gleichen Tür wie am Anfang. Ich komme mir irgendwie resetet  vor. Einen Unterschied gibt es: die Tür ist geschlossen und wie ich kurz darauf feststelle auch verschlossen. Anmeldung fällt aus wegen is nich.

 

In Brobdingnag (quasi das Gegenteil der Insel Liliput, „Gulivers Reisen“ von J. Swift)

Also gehe ich einfach mal den Gang weiter entlang. Viele Türen (alle geschlossen), viele Schilder, aber kein Hinweis wo ich hin muss. Irgendwie wünsche ich mir in diesem Moment eine Schatzkarte wie in Monkey Island: einfach ein riesiges, fettes, rotes Kreuz auf dem Boden. Stattdessen finde ich eine geöffnete Tür. Immerhin, denn mittlerweile gebe ich mich auch mit winzigen Erfolgen zufrieden. In dem Büro welches zur geöffneten Tür gehört, befinden sich augenscheinlich drei Personen. Zwei Damen sitzen sich an zwei großen Schreibtischen gegenüber, eine von ihnen hat einen Telefonhörer am Ohr, spricht aber nicht. Die andere sitzt. Sie spricht nicht, sie liest nicht, sie arbeitet nicht (jedenfalls für einen Außenstehenden nicht ersichtlich), sie sitzt. Ok, wahrscheinlich atmet sie parallel dazu auch noch, aber das kann ich auf diese Distanz nicht zweifelsfrei beurteilen. Die dritte Person ist eine Dame in Arztkittel, nein eher im Chefarzt-Mantel. Sie liest  im Stehen konzentriert in einem Dokument.

Ich klopfe an den Türrahmen und sage: „Guten Morgen, mein Name ist Lehnert und…“. „Nehmen sie im Wartebereich Platz und warten sie bis sie aufgerufen werden!“. Mir entfährt ein strammes „Jawohl, Ma’am!“. Nachdem ich auf den Hacken gewendet habe, erblicke ich die absurdesten Stühle die ich jemals zu erblicken das Vergnügen hatte. Die Dinger sind etwa so breit wie zweieinhalb normale Stühle. Oder leide ich schon an Klinikkoller und damit verbundenen Halluzinationen? Aber nein! Als ich mich auf einen der Monsterstühle setze stelle ich fest, sie sind tatsächlich grotesk groß. Sie besitzen zwar eine normale Sitzhöhe, meine Füße stehen also auf dem Boden auf, aber trotzdem komme ich mir vor wie ein Kleinkind auf einem Erwachsenenstuhl. Ich denke an meine Hunde und überlege kurz ob ich mich, genau wie sie es tun würden, auf den Stuhl legen und einrollen soll. Platz genug wäre. Müde genug wäre ich nach meinem Trip auch. Zunächst sehe ich davon ab.

Larsi im Land der Riesen

Der Blick ins Büro wird durch eine Säule verstellt. Alles ist ruhig. Jemand sagt etwas, aber da ich niemanden sehe, ignoriere ich das – zumal ich auch nicht verstehen konnte was gesagt wurde. Dann lauter: „Ihre Unterlagen?“. Ah, dass muss die Dame am Telefon sein, denn ich höre ja nur einen der Gesprächspartner. Dann noch deutlich lauter: „Hallo! Ihre Unterlagen?“. Also entweder hat die Telefonistin einen Schwerhörigen in der Leitung oder – oha, sollte etwa ich gemeint sein? Ich springe auf und nähere mich wieder der geöffneten Bürotür. Die Dame sitzt noch immer. Sie blickt auch nicht in meine Richtung oder gibt mir auf irgendeine Art und Weise zu erkennen, dass sie mit mir in Kontakt treten möchte. Ich war anscheinend doch nicht gemeint. Aber als ich mich gerade wieder umdrehen will – denn stören werde ich sicher nicht noch einmal – dreht sie ihren Kopf leicht in meiner Richtung und fragt: „Sind sie schwerhörig? Ich brauche ihre Unterlagen!“. Es ist alles unglaublich. Jetzt wo ich es aufschreibe fällt mir auf wie unmöglich die Umgangsformen dort sind. In der Situation selbst empfand ich es mittlerweile als normal. Krass wie sehr man innerhalb einer Stunde abstumpfen kann.

Ich mache einen Schritt in den Raum um Ihr meinen Papierstapel zu überreichen. Sie schreckt zurück als wäre ich ein Aussätziger und weist mit dem Finger auf einen Rollwagen der vor dem Büro im Gang steht. „Da drauf?“ frage ich ungläubig. Ich denke sie braucht die Unterlagen. Eine knappes „Ja!“ veranlasst mich dazu, meine Unterlagen auf einen anderen Stapel Unterlagen zu legen, der sich bereits auf dem Wagen befindet. Scheint irgendein Ritus zu sein. Man darf den König ja auch nicht berühren oder muss sich Klerikern auf den Knien kriechend nähern. Irgend sowas ist das bestimmt auch mit ihrem Wägelchen. Ich nehme wieder auf meinem Stuhl im Wartebereich Platz.

Kurz darauf, meine Unterlagen liegen weiterhin unberührt auf dem Wagen, tritt die Dame im Chefarztmantel auf mich zu. Aus der Entfernung kann ich Ihr Namensschild nicht lesen, sehe aber, dass der daraufstehende Name bzw. Titel sehr lang ist. „Guten Morgen, meine Name ist Dessler (Name geändert). Sind sie vielleicht der Herr Lehnert?“. Ob dieser unerwarteten Freundlichkeit gepaart mit offensichtlicher Kompetenz (sie hat sich zusammengereimt wer ich sein könnte – oder eben einfach meinen Namen gehört (und sich gemerkt!)), irritiert mich vollkommen. Hier gibts auch normale Leute? Ach ne, wahrscheinlich hält sie mich für einen Privatpatienten – wie Hans-Dieter. „Ja“ sage ich, „der bin ich“. Mein Sätzchen mit dem Vorgespräch zur OP spare ich mir erstmal. Mal gespannt was jetzt kommt. Eine Einstellung als Oberarzt? Die Bestätigung, dass ich ein medizinisches Wunder bin? Gar ein Heiratsantrag? Nach diesem Morgen bin ich auf komplett alles gefasst.

„Sie sind zwar ein bisschen spät dran, aber sie sind bei mir richtig. Wir beide haben einen Termin. Nehmen sie doch bitte schonmal im Behandlungszimmer Platz. Die Dame hier begleitet sie. Ich bin sofort bei ihnen“. Mit diesem ruhigen und freundlichen Worten übergibt sie mich einer jungen Dame in rosafarbenem Schlupf-Kasack. Auch diese ist sehr freundlich und bringt mich in den Behandlungsraum, bittet mich Platz zu nehmen und schließt beim Hinausgehen die Tür hinter sich. Was ist denn jetzt los? Kommt jetzt die Auflösung? Verstecken sich Paola und Kurt Felix hinter diesem Vorhang und klären mich nun endlich auf, dass ich der versteckten Kamera auf den Leim gegangen bin? Während mir diese Gedanken durch den Kopf gehen blicke ich mich in dem doch recht großen Raum um. Nicht nur der Raum ist groß, hier ist alles riesig. Angefangen bei dem Stuhl auf dem ich sitze, über die Liege die an der Wand steht, bis hin zu einem Gerät, das mich entfernt an eine Waage erinnert, aber doch eher für Rinder oder anderes Großvieh konzipiert sein muss. Wo bin ich hier? Was ist das für eine Abteilung? Ja, ich bin stark übergewichtig aber die haben doch nicht jede Abteilung (z.B. die Chirurgie) auch nochmal extra für dicke Leute? Wieso aber braucht man in der Chirurgie Equipment solchen Ausmaßes? 

Dr. Smeerlap

Die Tür fliegt auf und mir schallt ein empörtes „Halloooo?!“ entgegen. Als ich den gestriegelten, übermotivierten Schmierlappen in Arztmontur erblicke muss ich schon wieder anfangen zu lachen. Ahhh… doch alles wieder normal. „Haaallooooo!“ antworte ich lachend. Findet er gar nicht gut. Lustig schon gar nicht. „Sie können sich doch nicht einfach unaufgefordert in ein Behandlungszimmer setzen!“. „Hab ich nicht, ich wurde hier platziert!“ erwidere ich lachend und kopfschüttelnd. „Von wem?“ will er wissen. „Von einer jungen Dame in rosa Klamotten“. PENG! Die Tür fliegt krachend ins Schloss. Ohje, vielleicht hätte ich eine andere Farbe nennen sollen. Jetzt bekommt die arme Maus sicher einen völlig unverdienten Anschiss. Durch die Tür höre ich gedämpftes Brüllen. Wenige Sekunden später öffnet sich die Tür wieder und die (vermutliche) Krankenschwester bittet mich kleinlaut doch wieder im Wartebereich Platz zu nehmen. Ich sage noch zu ihr, dass sie doch auf Anweisung von Dr. Dessler gehandelt habe, aber sie zuckt nur resigniert mit den Schultern. Gutes Klima hier!

Kaum sitze ich im Wartebereich, sehe ich wie Dr. Dessler auf den nun leeren Behandlungsraum zusteuert. Da ich ahne was jetzt folgt fange ich schon an zu lachen. Sie schaut in den Raum und fragt laut und verblüfft: „Wo ist denn der Herr Lehnert jetzt hin? Der sollte doch hier im Behandlungsraum sein?!“. Ich stehe auf, mache mich bemerkbar und kläre die Situation kurz auf. Sie schüttelt nur den Kopf und geht dann zusammen mit mir ins Behandlungszimmer.

Sie stellt sich mir als Prof. Dr. Dr. med. Dessler vor – Leiterin des Adipositas-Zentrums. Ich erwidere lachend, dass das die Dimensionen des hier Verwendung findenden Mobiliars erklärt. „Das brauchen wir hier“ sagt sie, ebenfalls lachend. „Sie sind auch ein eher untypischer Patient hier. Normalerweise habe ich es hier mit Menschen jenseits der 200 oder 300 Kilogramm zu tun. Menschen, die sich nicht mehr selbst versorgen können, sich ihre Schuhe nicht mehr binden oder sich selbst anziehen können. Was sie hier tun, ist mir auch noch nicht so ganz klar.“
„Ja“, sage ich „da sind wir schon zu zweit! Eigentlich – dachte ich zumindest – bin ich hier, um ein Vorgespräch zur Operation an meiner Hernie zu führen.“
„Ach wirklich? Davon weiß ich gar nichts.“ gibt sie verblüfft zurück.
Ich sage ihr, dass das für mich perfekt in das Gesamtbild des heutigen Tages und im Prinzip auch in das Gesamtbild des ‚Falles Hermine‘ passt. Nachdem sie sich einen kurzen Moment darüber amüsiert hat, dass ich meiner Hernie einen Namen gegeben habe (ich sei der erste den sie treffe, der sowas macht) frage ich, ob sie 2 Minuten Zeit für mich habe, denn ich wolle ihr gerne meinen Morgen schildern und so vielleicht herausfinden, ob ich hier nicht komplett falsch sei. „Ich habe auch eine Stunde für sie Zeit wenn sie möchten!“. Also das bringt mich nun ehrlich gesagt ziemlich aus dem Konzept. Eine Ärztin die Zeit hat? Gepaart mit ausgesuchter Freundlichkeit und einem tollen (weil normalen) Umgang mit Patienten? Ich beschließe dieses Kompliment (welches ich ihr gerne machen würde) für einen späteren Zeitpunkt aufzuheben. 

In möglichst kurzen Worten (ohne dabei aber auch nur eine Absurdität auszulassen) schildere ich ihr, was ich in den letzten gut anderthalb Stunden hier erlebt habe. Sie hört sehr aufmerksam zu und als ich geendet habe sagt sie: „Wenn es nicht ein so unglaublich schlechtes Bild auf unser Haus werfen würde, müsste man wirklich lachen!“ Sie könne sich nur dafür entschuldigen (!) und es teilweise mit extremem Personalmangel erklären. Viele Mitarbeiter seien auf Positionen eingesetzt mit denen sie normalerweise wenig zu tun hätten, da so viele krank seien. Naaaaajaaa. Für mich eine etwas lahme und fadenscheinige Erklärung. Da sie sich aber entschuldigt (!) hat – zumal für etwas, für das sie vielleicht gar nicht direkt etwas kann, lässt mich darüber hinweg sehen.

In dem darauf folgenden, relativ langen, Gespräch stellt sich dann heraus, dass der letzte Chirurg bei dem ich war (und der ja auch selbst in diesem Krankenhaus hier arbeitet) mich bei ihr, also Prof. Dessler und nicht etwa in der Chirurgie angemeldet hat. Aber warum er das tat und vor allem warum er mich nicht darüber aufgeklärt hat, bleibt sein Geheimnis. 

Prof. Dessler konstatiert jedenfalls, dass ich viel zu fett bin und abnehmen muss – und hier korrigiert sie sich sofort selbst, was sie für mich noch sympathischer macht – abnehmen sollte.

Hermine ist keine Hernie und geht wieder weg, wenn ich dünner werde. We will see…

Erschöpft suche ich den Weg zu meinem Auto, fahre nach Hause, schlafe erstmal eine Stunde und schreibe dann das Erlebte auf um es ganz sicher nicht zu vergessen.
In diesen Puff bekommt man mich nur noch mit den Füßen voran!

 

Cheers!

Das könnte Dich auch interessieren…