Vorsicht Feinstaub!

 

 

 

26. Oktober 2025

Mein Selbstversuch mit Stevia
(Spoiler: ging schief…)

 

Vorgeschichte

Da ich schon lange zu viel auf den Rippen habe, ersetze ich auch schon lange in vielen Fällen Zucker durch Süßstoff. Beim Backen und Kochen zwar nicht, aber zum Beispiel beim Süßen von Quark, Joghurt, Müsli und solchen Sachen. Bei süßen Getränken bevorzuge ich schon immer die Light-Variante. Natürlich auch der Kalorien wegen, aber auch weil ich den Geschmack einfach lieber mag. Cola und Limo mit Zucker verursachen bei mir immer einen „pelzigen“ Geschmack im Mund den ich hasse. 

Bei den süßen Getränken stört mich der Geschmack der Süßungsmittel wie Aspartam, Cyclamat und Acesulfam-K nicht. Über die schlimmen Gesundheitlichen Auswirkungen habe ich, nach dem ich mich länger damit beschäftigt habe, meine eigene Meinung. Das soll hier aber im Moment nicht das Thema sein. Vielleicht schreibe ich darüber mal einen gesonderten Artikel.
Der, in meinen Augen (dämliche Formulierung in diesem Zusammenhang!), etwas metallische Nachgeschmack dieser Substanzen hat mir aber bei anderen Lebensmitteln, vor allem denen die ich selbst damit gesüßt habe (siehe oben), noch nie wirklich gefallen. Um eine Alternative habe ich mich – warum auch immer – aber nie bemüht.

Dann kam irgendwann eine Freundin mit den Produkten der Firma MORE um die Ecke. Die stellen alle möglichen Sirups, Protein-Gedöns und einiges mehr her. Unter anderem auch die Produktlinie „Chunky Flavour“. Das ist ein Pulver mit enormer Süßkraft. Es gibt viele verschiedene Geschmacksrichtungen (Vanille, Salted Caramel, Mandel-Kokos etc.) und auch eine neutrale Variante, die einfach nur süß ist. Aber angenehm süß. Nicht metallische, nicht bitter, einfach nur süß und lecker. Perfekt!

Seit ich das benutze (z.B. jeden Morgen im Müsli) schmeckt mir der andere Kram überhaupt nicht mehr. Einziger Haken: der Preis. 150g des weißen Goldes kosten stattliche 10 bis 12 Euro. Ok, man braucht auch wenig davon (lt. Hersteller entsprechen 3g etwa 50g Zucker), aber irgendwie wollte ich es anders. Es kam anders…

 

Ein Versuch der gründlich daneben ging

Da die Zutatenliste bei More Chunky Flavour erfreulich kurz ist (Inulin, Süßungsmittel (Sucralose, Steviolglycoside aus Stevia), Laktase, Trennmittel (Siliciumdioxid)) dachte ich mir, dass ich das ja quasi selbst machen könnte. Da es mir ja nur um ein Süßungsmittel ging, konzentrierte ich mich auf Stevia. 

Das kannte ich schon. Aber bisher nur in Form von kleinen Tabletten (wie „Süßlis“) aus einem Spender. Ein Kumpel benutzt das immer für den Kaffee oder Tee. Als ich dann ein wenig recherchierte, stellte ich fest, dass es das Zeug fast immer nur in Kombination mit anderen Substanzen gab – wenn man nach einer streufähigen Variante sucht. Das ist dann so, dass man es genau wie Zucker dosieren kann. Also 100g von den Mischungen entsprechen 100g Zucker. Schön einfach. Aber auch schön teuer. 

Während gewöhnlicher Zucker ca. 1 Euro pro Kilo kostet, liegen die Preise für diese Stevia-Irgendwas-Mischungen gerne mal bei einem Kilopreis von knapp 20 Euro. Whaaaaaat?

„Nich’ mit dem Commander!“, dachte ich mir, suchte weiter und wurde fündig: 

Bei dem „großen A“ stieß ich auf ein Produkt das zu 98% Reb-A (vereinfacht: Stevia) enthält. Kilopreis knapp 560 Euro. Zum Glück wird es in kleinen Mengen abgegeben, so dass 25g erschwingliche 14 Euro kosten. Zack, bestellt!

Ok, in einer Kundenbewertung stand, dass es schwer zu dosieren ist, aber alle lobten die enorme Süßkraft und den guten Geschmack. 

Einen Tag später halte ich ein sehr, sehr kleines Plastikfläschchen in der Hand. Dazu wurde noch ein sehr, sehr, sehr kleiner Löffel geliefert. Die Flasche hat einen weichen Plastikverschluss. So ähnlich wie die Röhrchen die Brausetabletten enthalten. Vorsichtig versuche ich den Deckel zu öffnen. BLOPP! Augenblicklich bin ich ein eine weiße Feinstaubwolke gehüllt, die ich vor Schreck zum großen Teil aspiriere. 

Nach einer ersten Überschlagsrechnung habe ich gerade 200-400g Zucker(äquivalent) eingeatmet. Würg!

Nachdem ich wieder bei Sinnen bin, fülle ich das Nano-Horror-Pulver erstmal in ein kleines Gläschen mit Schraubdeckel. Sowas hat man im Labor schließlich immer griffbereit. So kann ich das Gebinde wenigstens öffnen ohne zu ersticken oder schonmal einen Antrag auf Anerkennung einer Berufserkrankung („Staublunge“) bei der BG einreichen zu müssen.

Über die Nahtod-Erfahrung des Umfüll-Vorgangs möchte ich nicht mehr sprechen um eine Retraumatisierung zu verhindern…

In den Folgetagen versuche ich mit diesem Teufelszeug zu süßen: mein Müsli, eine Kanne Tee etc.

Alles was auch nur mit einem Nanopartikel dieses Pulvers in Berührung kommt, wird ungenießbar süß – und wer mich kennt weiß, dass ich gerne extrem süße Sachen mag (und ich rede hier nicht nur von Hundewelpen!). Aber das da? No, no, no!

Man sieht sich beim Süßungsversuch 3 Problemen gegenüber:

    1. die Süßkraft ist so extrem, dass eine sinnvolle Portionierung mit üblichen Haushaltsmitteln (Feinwaage, diesem sehr, sehr, sehr kleinen Löffel, Elektronenrastermikroskop) unmöglich ist.
    2. auf Grund der feinSTstaubartigen Beschaffenheit dieses Pulvers empfiehlt es sich, die Atmung während der Süßung vollständig einzustellen oder Außenluft unabhängigen Atemschutz (sorry „Déformation professionnelle“) zu verwenden.
    3. ist die Scheiße auch noch elektrostatisch aufgeladen und will den sehr, sehr, sehr kleinen Löffel überhaupt gar nicht verlassen!

Fazit: wenn man nicht gerade vor hat 554 Hektoliter reine Zitronensäure auf einen Schlag in süße Limo zu verwandeln, ist das Zeug unbrauchbar.

Mir ist vollkommen schleierhaft wie die positiven Rezensionen auf Amazon gekauft – äh geschrieben werden konnten.

 

Lösung in Sicht

Mein Forscherdrang hat mich aber nicht ruhen lassen. Da mir nach meinem gescheiterten Versuch klar war, warum Stevia fast immer in Mischungen mit anderen Stoffen verkauft wird, wollte ich mir nun so eine Mischung selbst herstellen – hauptsächlich, um das Pulver nicht einfach auf der Sondermülldeponie entsorgen zu müssen. Ich stelle mir da ein Hochsicherheitsgebäude mit Schleusen und Menschen in Vollschutzanzügen vor…

Aber welchen „Füllstoff“ sollte ich verwenden. Zucker hätte die richtige Beschaffenheit. LOL

Xylit (auch Birkenzucker genannt) kam nicht in Frage, da es für Hunde extrem gefährlich ist. Also bitte aufpassen! Auch viele Fertigprodukte (Kuchen, Kaugummis etc.) enthalten diesen Zuckeralkohol. Frisst ein Hund davon, können schon geringe Mengen zum Tod führen.

Ich habe mich dann für Erythrit entschieden, auch ein Zuckeralkohol (das ist eine chemische Stoffgruppe und macht nicht besoffen!). Ausschlaggebend dafür war unter anderem, dass ich das Zeug von der Eigenmarke „ja!“ in meinem Rewe-Markt entdeckt habe. 500g für 3,65 Euro. 

Ich habe dann die 500g in ein Glas mit Bügelverschluss gefüllt und ein wenig (!) von dem Stevia-Pulver dazu gegeben. Da Erythrit zwar keine Kalorien hat, aber auch nur 70% der Süßkraft von Zucker besitzt, dachte ich mir, dass das funktionieren sollte.

Nachdem ich meine neue Mischung sehr, sehr vorsichtig und natürlich mit luftdicht verschlossenem Deckel geschüttelt und gemischt habe, konnte ich die erste Kostprobe wagen.

Was soll ich sagen? Es ist ok. Punkt. Nicht mehr und nicht weniger. Immer noch deutlich süßer als Zucker, aber es lässt sich jetzt halbwegs vernünftig dosieren. Öffnet man das Glas entsteigt immer noch ein bisschen Staub aber eine handelsübliche FFP2-Maske reicht zum Schutz aus.

Mein abschließendes Urteil: lass es! Es ist nicht wirklich billiger, es ist nicht besser und es macht mehr Aufwand als gleich ein fertiges Zuckerersatz-Produkt zu kaufen. Durch diese Produktpalette werde ich mich bei Gelegenheit auch mal testen – aber für die nächsten 200 Jahre habe ich ja noch Stevia.

Ach so: natürlich kann man auch zu Alternativen wie Honig, Agavendicksaft und ähnlichem greifen, aber die haben genau so viele Kalorien wie Zucker und haben natürlich auch die gleichen Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel. Was das angeht sind die o.g. Ersatzprodukte natürlich im Vorteil.

 

Cheers!

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